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Rund um die Taube u.a. Feldflüchter
#3
Zuchtfreund R. Pillen stellte mir nachfolgende Geschichte zur Rettung einer alten Kröpferrasse zur Verfügung.
Viele Menschen lieben zutrauliche Tiere - und die Klätschertauben sind zutraulich. Es gibt nur wenige Taubenrassen wie die Kröpfer, zu denen sie zählen, die ein seit Jahrhunderten vererbtes Gut, ihre sprichwörtliche Zahmheit, in so ausgeprägter Art besitzen. Sie sind den Menschen zugetan, und der Mensch hat sie in sein Herz geschlossen.
Schon zu frühen Zeiten gab es auch in Böhmen und Mähren verschiedene Kropftaubenrassen mit unterschiedlich ausgebildeten Kröpfen. Hauptsächlich wurden sie zu Flugzwecken oder als Nutztauben gehalten. Unter ihnen befand sich eine Landkröpferrass, die sich mit mehr "flaschenförmigen" Kropf von den zumeist größeren, schon veredelten Rassen unterschieden. Ihre Züchter nannten sie einfach "Egerländer". Sie verfügten über sehr gute Flug- und exzellente Klatscheigenschaften, bis mehrere Varianten herausgezüchtet wurden und man diese dann als Einfarbige, Schecken usw. veredelte.
Damit teilte sich die Züchterschaft in Liebhaber einerseits der Ausstellungskröpfer und andererseits blieb ein Restbestand der alten Egerländer, die sich dann nach 1800 auch nach Deutschland und den angrenzenden Beneluxstaaten ausbreiteten. Sie bestimmten noch lange Zeit das Bild von Tauben auf dem Bauernhof. Vor allem im Bayerischen Raum war diese Kropftaube unter dem Namen "Klätschertaube" sehr beliebt und ziemlich verbreitet. Es waren enorm robuste Tiere, d.h. wetterfest. Auch waren sie anspruchslos und sie suchten sich einen Großteil ihrer Nahrung selbst. Ein weiteres Kriterium war die Frühreife und die guten Flugeigenschaften dieser Bauerntauben.
Über die Entstehung dieser Kropftauben kann nur spekuliert werden. So glauben einige Autoren, daß sie über mehr als drei Landkröpferrassen und Böhmische Tümmlertauben ins Leben gerufen wurden. Soweit es sich zurückverfolgen läßt, war wiederum die Klätschertaube mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz entscheidend an der Bildung der Steiger- und Stellerkröpfer beteiligt.
Der derzeitige Zuchtstand originaler Klätschertauben ist sehr bedrohlich. Es gibt z.Zt. in Deutschland zwei von der Größe her unterschiedliche Typen. Der kleinere knapp "mittelgroße", tief stehende Egerländer aus dem Mutterland Böhmen, und der etwas größere Deutsche Typ, dem eine Veredlung aus früheren Jahren deutlich anzusehen ist. Als knapp mittelgroß nenne ich hier z.B. die Stellerkröpfer, als größere Variante die Steigerkröpfer
Der alte Böhmische Typ zeigt weniger Eleganz als die in Deutschland gezüchtete Klätschertaube. Im Seitenprofil soll dieser Kröpfer eine ziemlich lang gestreckte Taube darstellen, deren Flügel fast bis zum Schwanzende reichen, sich aber nicht kreuzen sollen. Zur figürlichen Ausstrahlung gehört weiterhin eine leicht abfallende Körperhaltung bei sehr niedrigem Stand, guter Halslänge und flaschenförmigen wenig entwickeltem Blaswerk. Weitere Erkennungsmerkmale sind ein länglich abgerundeter Kopf mit leicht abgesetzter Stirn und mittelangem wachsfarbigen dünnen Senkschnabel. Unreine Schnäbel kommen vor allem bei Schecken vor. Kleine Nasenwarzen tragen zum feinen Gesichtsausdruck bei, ebenso die Perlaugen (nur bei Einfarbigen), die von unauffälligen rosafarbigen Augenrändern umgeben sind. Von den Farbschlägen der Rasse, die sich aus verschiedenen Kombinationen im Laufe der Jahrhunderte ergaben, sind die Roten, Schwarzen und die meisten Scheckenfarben bis in die heutige Zeit die beliebtesten Zeichnungsarten geblieben. Vor allem die Einfarbigen in oben genannten Farbschlägen waren schon immer das Aushängeschild dieser Kröpfer, die meistens als satte und glänzende Lackfarben regelrecht beeindrucken konnten. Weniger beachtet wurde der gelbe Farbschlag und die Weißen. Das Wahrzeichen der Klätschertauben sind die ganzjährig zerschlissenen Flügel.
Meine ersten Tauben bekam ich 1948. Inspiriert durch meinem Vater, der begeisterter Brieftaubenfreund war, begnügte ich mich zunächst mit einigen Feldflüchtern und später kamen aus Belgien und Holland gleich mehrere Klätschertauben in verschiedenen Farben dazu. Ihre Frohwüchsigkeit, die Farbschönheit, das zutrauliche Wesen und die Unkompliziertheit in der Aufzucht machte mir die Entscheidung für die Zucht leicht. Die hartnäckige These, daß Klätschertauben mehr Dachhocker als Feldflieger sind, teile ich nicht. Viele Jahre flogen sie, animiert durch meine Feldflüchter, über größere Distanzen auf die Felder und kehrten mit prall gefüllten Kröpfen zum Taubenschlag zurück.

Groß war meine Freude, als ich bei dem Taubenzüchter-Kollegen G.Winzen in Köln eine kleine Kollektion scheckiger Klätschertauben des alten Typs sah, deren Merkmale sich mit meinen damaligen Tieren in jeder Hinsicht deckten. Hohe Inzuchtgrade und unüberlegte Kreuzungen in der Vergangenheit, ließen den Bestand an rein gezogenen Zuchttieren schrumpfen. Jedoch hat es imer wieder Züchter gegeben, die eine "Modernisierung" des alten Typs grundsätzlich ablehnten. Ihnen ist es zu verdanken, daß es die Klätschertaube heutzutage noch gibt. Den letzten Klätschern ist es zu wünschen, daß sie auch für die Zukunft noch einen gesicherten Platz in der Taubenwelt behalten dürfen. Bei dem Gedanken, daß die jahrhunterte langen Bemühungen um eine künstlerische Flugtaube nicht mehr von Bedeutung ist, wird es einem Taubenfreund bang ums Herz.
Wer mehr über die Klätscher von Herrn Winzen wissen möchte, kann sich unter Tel. 01718977046 informieren.



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