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Die Vögel des Siegerlandes
#1
DIE VÖGEL DES SIEGERLANDES: 784 Seiten (etliche aktuelle Daten aus 2020 wurden noch eingearbeitet), 293 Fotos, 281 Diagramme, 247 Tabellen, 111 Verbreitungskarten), 81 Trendlinien-Grafiken und 24 flächenbezogene Bestandserfassungen.
Hrsg.: Naturschutzbund Deutschland: Kreisverband Siegen-Wittgenstein e.V. (NABU). Siegen (2020). Preis: 29,95 €.
Das jetzt erschienene Buch über die Vogelwelt des Siegerlandes ist ein Mammutprojekt vieler engagierter Vogelkundler. Von der ersten Idee zu diesem Werk Ende 2014 bis zur Vollendung vergingen mehr als fünf Jahre.
In 261 Artkapiteln werden die im Siegerland vorkommenden Vogelarten – sowohl Brutvögel als auch Durchzügler und Wintergäste – mit detaillierten Angaben zur Verbreitung (incl. Rasterkarten), Lebensraum, Bestandsentwicklung und derzeitiger Bestand, Fortpflanzung, Zuggeschehen sowie Gefährdung und Schutz vorgestellt. Manche Kapitel sind kurz, andere wieder deutlich ausführlicher, was im Entschluss begründet ist, möglichst alle vorhandenen Daten einzubeziehen.
Das Buch fasst rund 250 Jahre Vogelkunde der Region zusammen. Die ältesten Erwähnungen beschäftigten sich schon seiner Zeit mit dem Schutz von Arten wie der Nachtigall, die damals durch weit verbreitete „Vogelstellerei“ gefährdet war. Weitere Meilensteine sind die Arbeiten von SUFFRIAN (1846), LANDOIS(1883), HOFMANN (1934), ZIMMERMANN (1973) und FRANZ & SARTOR (1979).
Vögel sind dem Menschen ganz besonders ans Herz gewachsen. Kaum eine Gruppe von Lebewesen erfreut sich einer so großen Beliebtheit. Sie sind überall zu finden und leicht zu beobachten. Ihre Farbenpracht fasziniert, und ihre Gesänge wie die der Amsel gehören einfach zu einem Frühlingsmorgen dazu. Auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität können zuhause am Fenster den Vögeln zuschauen. Darüber hinaus verblüffen uns ihre enormen Zugleistungen. Das auffälligste Beispiel aus unserer Region ist sicherlich der Zug der Kraniche im Frühjahr und Herbst, dem im Buch ein ausführliches Kapitel gewidmet ist. Wer genauer hinschaut, entdeckt auch eine einzigartige Körpersprache in Form von Balzflügen wie bei der Feldlerche, dem Baumpieper oder – früher – bei der Bekassine, im Volksmund „Himmelsziege“ genannt. Kurzum, Vögel sind ein einfacher, allgegenwärtiger Zugang für den Menschen zur belebten Natur.
Vögel sind aber auch nicht zu unterschätzende Bioindikatoren. Von ihrem Vorkommen oder Fehlen in einem Gebiet lässt sich sehr viel über den Zustand eines Lebensraumes ableiten. Die im Buch aufgeführte Liste der Gewinner und Verlierer seit dem letzten Erscheinen der Vogelfauna (FRANZ & SARTOR 1979) verdeutlicht den Verlust an Lebensräumen, wie zahlreiche Fotos in Gegenüberstellung der Situation von einst und jetzt dokumentieren. So sind in den letzten Jahrzehnten viele wertvolle Bachtäler verschwunden. Große Bereiche der Talauen wie z.B. im Ferndorftal bei Kreuztal oder im Siegtal zwischen Siegen und Eiserfeld sind heute bebaut. Die großen Verlierer des Landschaftswandels sind vor allem die Vogelarten der offenen Landschaft, die selten werden bzw. inzwischen ausgestorben sind: Rebhuhn, Kiebitz und Bekassine sind im Verlauf der letzten 40 Jahre verschwunden. Feldlerche, Neuntöter, Sumpfrohrsänger, Braunkehlchen, Wiesenpieper, Bluthänfling und Rohrammer überleben im Siegerland fast nur noch in Schutzgebieten. Ihr Verschwinden steht für starke Veränderungen in der offenen Feldflur. Überdüngung führt zu einer Verarmung der Vegetation und der Insektenbestände. Damit wird den Vögeln die Nahrungsgrundlage entzogen. Frühe und mehrmalige Mahd verhindern darüber hinaus nahezu jeden Bruterfolg.
In den Wäldern sieht die Bilanz auf den ersten Blick deutlich besser aus, denn hier haben einige Arten zugenommen. Das bekannteste Beispiel aus unserer Region ist sicherlich der Schwarzstorch. Nun könnte man meinen, dass im „Wald“ die Welt noch in Ordnung ist, jedoch zeigen Zunahmen, dass vor allem diejenigen Arten häufiger werden, die dunkle Wälder bevorzugen. Vögeln der Verjüngungsstadien wie z.B. Fitis und Baumpieper wird der Lebensraum zunehmend eingeengt. Das seit einigen Jahren grassierende Fichtensterben, verursacht durch Stürme und neuerdings ein Massenauftreten des Borkenkäfers, konnte in einigen Artkapiteln noch nicht hinreichend berücksichtigt werden. Die Auswirkungen insbesondere auf Arten, die ausschließlich oder vorwiegend in Fichtenwäldern leben, z.B. Haubenmeise, Tannenmeise, Sperlingskauz, die beiden Goldhähnchenarten oder auch Buchfink, werden gravierend sein; andere Arten werden vorübergehend oder dauerhaft von den jetzt schon sichtbaren oder den zu erwartenden Veränderungen der Wälder dagegen profitieren können. Noch heute werden im Siegerland für den Artenschutz bedeutende Eichen-Birken-Niederwälder in andere Waldformen umgewandelt, z.T. mit fremdländischen Nadelbäumen aufgeforstet. Andererseits erreicht in unseren „naturnahen“ Wirtschaftswäldern kein Baum sein artgemäß mögliches Alter und die anschließende Zerfallsphase, die viele Tierarten – auch Vögel – als Lebensraum nutzen. Naturwaldzellen, Wildnisgebiete und vertraglich vereinbarte Herausnahme einzelner Bäume au der Bewirtschaftung schaffen kleinflächig gute Voraussetzungen zu einer natürlichen Entwicklung.
Auch in den Siedlungen ist ein Rückgang vieler Vogelarten offenkundig. Dafür sind nicht Elstern, Eichelhäher und Rabenkrähen verantwortlich, sondern die vielerorts festzustellende Sterilität und Monotonisierung des Wohnumfeldes, mit verursacht durch einen ausgeprägten Sinn für „Ordnung und Sauberkeit“ an und um die Gebäude. Im Buch sind bei vielen Arten, z.B. Schwalben, Bluthänfling, Star und Gartenrotschwanz Möglichkeiten aufgezeigt, wie manchem Vogel am Haus und im Garten geholfen werden kann.
Wir hoffen, dass das vorliegende Buch dem Ornithologen wie auch dem Naturfreund anregende Informationen bietet und damit Neugier und Freude am Erforschen der heimischen Natur und deren Bewahrung vermittelt. Die Publikation sollte nicht zuletzt auch als Appell an die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung verstanden werden, von deren Entscheidungen es maßgeblich abhängt, in wieweit die Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen gewährleistet wird.
Das Buch kann beim NABU Siegen-Wittgenstein (www.nabu-siwi.de) und im Buchhandel (ISBN: 978-3-944157-45-0) erworben werden.
 


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Grundsteinlegung NSG- u. FFH-Gebiet
Wupper bei Radevormwald


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